Project Postmoderne Musik

Postmoderne Musik

MultiMediaArt & MultiMediaTechnology, 2009

Pressetext

Try to keep silence for 4 minutes and 33 seconds.

Der kulturelle Wandel zur Postmoderne, der etwa ab Mitte des 20. Jahrhunderts stattfindet, vollzieht sich auch in der Musik und verändert ihre Wahrnehmung. Strömungen wie Elektronische Musik und Musique concrète eröffnen neue Möglichkeiten und zeigen, dass auch Klänge und Geräusche Musik sein können. KünstlerInnen wie John Cage bringen selbst Zufälliges und einfach nur Stille in den Konzertsaal. Im Pop wird kommerzielle Massenware zu Kunst.

Das Werk Web-4’33“ greift ein Stück Cages auf und transportiert es ins Internet. Versuchen Sie, die Musik der Stille zu erleben und sie nicht zu stören!

Thesis

Diese Arbeit befasst sich mit dem Thema der Postmoderne in der Musik und stellt die Frage, wie sich das postmoderne Denken auf die Musik und ihre Rezeption und Kreation auswirken kann. Zuerst muss der Begriff „Postmoderne“ einer eingehenden Untersuchung unterzogen werden, um ihn genauer umreißen und anschließend auf die Musik anwenden zu können.

Ausgehend von der vorherrschenden Historischen Musikwissenschaft wird danach durch Delegitimation derselben eine Postmoderne Musikwissenschaft beschrieben, die den weiteren Forschungsansätzen zu Grunde liegt. In der Folge zeigt ein Überblick über einige Strömungen der Neuen Musik des 20. Jahrhunderts einen Weg der Überwindung von musikalischen Grenzen auf, der gleichzeitig einen Weg in die Postmoderne darstellt.

Danach wird die Popmusik als originär mit der Postmoderne verknüpftes Kulturfeld beleuchtet und die Wahrnehmung derselben hinsichtlich musikalischer Präferenzen und des daraus erwachsenden Diskurses mittels der Theorie ästhetischer Praxen untersucht.

Schließlich stehen das Spannungsfeld U- und E-Musik und die Eigenschaften dieser modernen Dichotomie unter postmoderner Sichtweise, noch einmal eine exakte Abgrenzung Postmoderner Musik von antimodernistischen Strömungen, die Möglichkeiten der Postmodernen Musik für den Feminismus und die Interaktive Kunst als postmodern par excellence im Zentrum der Betrachtungen.

Als Schlussfolgerung aus dieser Forschung wird „Postmoderne Musik“ als pluralistisch beschrieben, sie weitet den Begriff Musik auf alle Geräusche aus, sie verändert die Wahrnehmung der Trennung zwischen E- und U-Musik; und, wie Umberto Eco postuliert, kann postmodernes Denken in jeder Musik jeder Epoche gefunden werden.

Werk - Web-4'33"

Dieses Werk, das im Rahmen der Diplomarbeit "Postmoderne Musik" entstand, ist sowohl auf der konzeptuellen als auch auf der technischen Seite gleichzeitig Plagiat und Innovation, indem es etwas bestehendes (das Werk 4'33" von John Cage / Soundinstallation, Synthese) in ein neues Umfeld (das World Wide Web / Flash) stellt – im Sinn Alfred Schnittkes „gefälscht, nicht gestohlen“.

Diedrich Diederichsen zufolge wollten 2002 die Erben Cages einen Musiker namens Mike Batt verklagen lassen, weil er die Urheberrechte des Cage-Stücks verletzt hätte, indem er ein Stück, das „One Minute of Silence“ hieß, veröffentlichte. Diederichsen argumentiert dagegen, dass Cage mit dem Werk erstens nicht provozieren oder die Konventionen in Frage stellen wollte, sondern einfach durch das Maximum an Reduktion auf die bemerkenswerten Ereignisse, die in den kleinsten Geräuschen stecken, hinzuweisen, zweitens war Cage der Auffassung, dass es Stille nicht gäbe (vgl. Diederichsen 2005,126ff).

Die ersten, die dieses Konzept auf Tonträger übertrugen, waren Yoko Ono und John Lennon mit dem Stück „Two Minutes Silence“. Ihnen „gehört“ also die Idee der Übertragung des Cage’schen Live-Ereignisses auf Schallplatte. Und die ersten, die es in die digitale Welt übertrugen, waren „The Melvins“, eine Heavy-Metal-Band, mit „Pure Digital Silence“.

Somit, schließt Diederichsen, müsste Mike Batt „auf jeden Fall blechen“, nur eher nicht an die Erben Cages (ebd.).

Dieses Werk soll dieses Konzept in die Welt des Web übertragen und mit noch offensichtlicherer Interaktivität anreichern, als dies bei Cage der Fall war – bei ihm besteht sie unter anderem aus den Geräuschen, die das Publikum willkürlich und unwillkürlich zur „Stille“ beitragen.

Im Fall des Web-4’33” wird eine Überprüfungsfunktion eingeführt, die den / die BenutzerIn „ruhig halten“ soll. Wenn die Maus bewegt, oder eine Tastatureingabe getätigt wird, oder wenn eine eventuell vorhandene Webcam zu starke Bewegungen registriert oder ein Mikrofon Geräusche, wirken sich diese in Form von computergeneriertem Sound aus. Desweiteren zeigt ein Countdown die Restdauer an.

Die Beeinflussung der Soundgenerierung kann natürlich auch zum Spielen einladen, das ist die zweite Möglichkeit zur Interaktion.

Das Werk soll zum Innehalten im Web und eventuell zum Ausschalten des Mediaplayers oder Radios und zum Hören auf die Stille animieren, andererseits aber auch zum Soundgenerieren mittels verschiedener Eingabegeräte.

Postmodern daran ist die Interaktivität, die Zufälligkeit und Ungenauigkeit der Steuerung, die Verwendung der Medientechnologien, das Einbeziehen der RezipientInnen etc.

Appendices

Creators

David Rerych

Audio

AutorIn

Konzept

Flash Design

Flash Programmierung